Unsere Geschichte

Auszug aus der Festschrift zum 75. Vereinsjubiläum 1997

Es gab – welch schreckliche Vorstellung – tatsächlich einmal ein Leben ohne Fußball. Im Ländchen sollte sich das nachhaltig ändern, als Berkumer Jonge sich von britischen Besatzungssoldaten auf der Bonner Hofgartenwiese von deren Kickerei beeindrucken ließen. Das war zu Beginn der so genannten „Goldenen Zwanziger“; das Kaiserreich war gerade von der Weimarer Republik abgelöst worden. Die Begeisterung, die die Berkumer Schüler mit nach Hause brachten, fiel auf fruchtbaren Boden: „Schäfers Hein“, ein ehemaliger Aktiver des Oberligisten Hessen Kassel, stellte sich zu Verfügung und brachte den Berkumern erste technische und taktische Finessen bei.

Ein Verein wird gegründet

Wir kennen sie noch, die Vereinsgründer von 1922; Vereinsname und Statuten blieben zunächst unwichtig – das Balltreten stand im Vordergrund. In unserer Festschrift zum 60jährigen Bestehen des Vereins haben wir mit Christian Hochgürtel, Andreas Krahforst, Peter Wolber und Toni Meyers, die damals noch lebenden, hochbetagten Gründungsmitglieder im Bild vorgestellt – inzwischen sind auch sie von uns gegangen, bleiben aber zusammen mit Josef Maubach, Karl Mader, Paul Müller, Bernhard Bachem, Hans Lohmer, Clemens Schmitz, Johann und Hubert Wald, Ferdinand Bungard und Heinrich Eichholz als die „Allerersten“ in unserem Bewusstsein, solange der Verein besteht.

Meister der Improvisation

Unsere ersten Balltreter müssen wahre Meister der Improvisation gewesen sein; sie waren ständig auf der Suche nach einer geeigneten Platzanlage. Zunächst war dies eine Schafweide in der Erlenmaar, weit vom damals noch wenige hundert Einwohner zählenden Dorf entfernt. Drei Fichten, die Wilhelm Krüger gestiftet hatte – er war Pächter des Jesuitenhofes – lieferten das Material für die Tore. Bald zog man um auf eine Fohlenwiese unterhalb des Jesuitenhofes, um kurz danach in der Nähe des Friedhofs ein neues Spielfeld zu finden. 1930 schließlich wechselte man auf Initiative des Werthhovener (damals noch Pissenheimer) Lehrers Milz in die Werthhovener Gemarkung, dorthin, wie die Fußballer des inzwischen groß gewordenen Mehrspartenvereins auch heute noch ihr Zuhause haben. Zur Einweihung spielte man 3:2 gegen den Sportverein Königswinter. Zur Eröffnung des jetzigen Fußballplatzes im Jahre 1962 spielte unsere 1. Mannschaft gegen die Vertragsspieler des Bonner FV, Vorgänger des heutigen BSV, 3:3. Bald kam eine kleine Umkleide dazu, die in den 80ern auf den heutigen Stand gebracht wurde; eine Trainingsbeleuchtung war längst obligatorisch geworden. Blicken wir nochmals in die Anfangsjahre zurück: Das Wintertraining wurde im alten Saal Lohmer absolviert, hier spielte man auch Tischtennis und traf sich sogar im Boxring. Auch die Oberbachemer Volksschule darf in die Liste der Sportstätten des Vereins eingereiht werden; Ingrid Bieser baute hier eine Damengymnastikgruppe auf, die Keimzelle der später so überaus starken Gymnastikabteilung des SV Wachtberg. Die Sportstätten heute: Sportplatz unterhalb des Radoms, die Dreifachturnhalle und das Hallenbad an der Berkumer Oberdorfstraße und auch die Turnhalle in Niederbachem.

Mehrspartenverein: eigentlich nichts Neues

Auf Empfehlung des Landessportbundes (LSB) haben sich in den 70ern viele Vereine umgestellt und aus wirtschaftlichen Gründen mehrere Sparten – vom Fußball bis zum Tischtennis, vom aufstrebenden Damensport bis zum Schwimmen – unter einem Dach angeboten. Das war in unserem Verein eigentlich von Anfang an Normalität: Nummer eins war zwar der Fußball, daneben gab es aber Damenfeldhandball, Turnen, Leichtathletik, Boxen, Tischtennis . . . .Wer weiß heute noch, dass Vereinsgründer Ferdi Bungard Kreismeister über 3.000 m war und Chris Hochgürtel über 5.000 m, Toni Meyers auf der Mittelstrecke und Peter Wolber im Sprint Spitzenformat auf Kreisebene hatten. Furore machten über Jahre auch zwei leistungsstarke Tunierriegen, während der Verein seine gesellschaftliche Funktion erkannt:Theateraufführungen (bekannt sind noch Titel wie „Ulrich der Wilderer“ und „Raubritter von Scharfeneck“) machten dies ebenso deutlich wie Mailehenversteigerungen und die Kirmesbälle, für die sich der Verein bis Mitte der 80er Jahre in Berkum zuständig fühlte. Eine Sportart ist heute leider nicht mehr im Verein vertreten: Tischtennis. Das ist bedauerlich, denn seit 1970 der Tischtennisverein Werthhoven dem SV Wachtberg beigetreten war, wurde hier in zwei Mannschaften auf gutem Niveau der kleine weiße Ball gespielt, vorübergehend eine eigene Jugendabteilung aufgebaut, der populäre Simon-Cup ausgerichtet, interne Vereinsmeisterschaften ausgespielt, Kreismeisterschaft der Jugend, Aufstieg der 1. Mannschaft in die Kreisliga waren schöne sportliche Erfolge dieser Zeit.

Und heute?

So forderte dies lautstark Hubert Wolf von seinem Vater Ferdinand, seines Zeichens Vereinsvorsitzender und Spielführer der ersten Mannschaft. Vater und Sohn in einer Mannschaft – der Verein als familiäre Ergänzung, als Aufgabe und als Identifikationshilfe – so war das bis weit in die Nachkriegszeit der 50er und frühen 60er hinein. Ferdinand Wolf stellte jahrelang Fahrzeuge zum Transport kostenlos den Spielern zur Verfügung.

Papa, gäv de Ball aff!

Der Verein, und mit ihm alle Vereine landauf, landab, hat sich gewandelt zum Dienstleistungsanbieter, inzwischen auch mit Kursen, die man belegen kann, ohne Mitglied zu sein. Eine großzügige Sportförderung der öffentlichen Hand schuf Sportstätten bester Qualität und sorgte dafür, dass qualifizierte Trainer und Übungsleiter finanziert werden können. Und trotzdem ist eines geblieben: Ohne ehrenamtliches Engagement geht auch heute nichts in einem modernen Sportverein á la SV Wachtberg. Unzählbar sind die Stunden, die jährlich Vorstand, Jugendbetreuer, Schiedsrichter u. a. aus Spaß an der Sache unentgeltlich investieren.

Alle guten Dinge sind

könnte man meinen, wenn man die Namensgeschichte unseres Vereins verfolgt. 1922 zunächst namenlos, bis 1923 die Werthhovener ebenfalls einen Verein gründeten, aber bald beim Berkumer Vorsitzenden Bernhard  Bachem wegen einer Fusion anklopfen. So kam 1924 der FV Germania Berkum zustande, 1932 schloss sich der Verein dem Westdeutschen Spielverband an und kickte fortan unter dem Namen „SV Grün-Rot Berkum“ im Ahrbezirk. 1969 wurde die Gemeinde Wachtberg gegründet, neue Sportarten wurden aus der Bevölkerung nachgefragt, zudem hatte sich der Einzugsbereich der Grün-Roten längst über Berkum hinausentwickelt. 1970 trug der Verein dieser Entwicklung Rechnung, öffnete sich in Erwartung eines großzügigen Sportstättenbaus der Gemeinde weiteren Sportarten und nannte sich fortan „SV Wachtberg 1922 e.V.“. Fußball, Handball, Tischtennis, Schwimmen, Volleyball, Gymnastik und Basketball – entweder in Meisterschaftsrunden der Sportfachverbände oder als Freizeitsport organisiert – prägen die Angebotspalette.

Grün-Rot sind unsere Farben

Die traditionelle Farbenkombination des Vereins hat nichts mit aktuellen politischen Strömungen zu tun; ihr Ursprung ist viel älter und damit über parteipolitische Spekulationen erhaben. Toni Meyers war es, der kurz nach der Vereinsgründung in den 20ern für Farbigkeit sorgte. Man war des uneinheitlichen Erscheinungsbildes überdrüssig und beauftragte den Tünn, sich nach preiswerten Trikots umzusehen. Zufällig wurde ihm in Bad Godesberg eine grün-rote Garnitur angeboten, die ein anderer Verein bestellt, aber nicht abgeholt hatte. Tünn – auch privat auf dem Weg zum erfolgreichen Geschäftsmann – verhandelte hart und kaufte den Posten zum halben Preis, was von dem völlig mittellosen Verein mit Begeisterung aufgenommen wurde. Seit dem repräsentieren diese Farben unseren Verein, bei den Landesliga-Fußballern, den Volleyballerinnen, den Alten Herren usw.